Lesen Sie die Antwort von Dr. Robert Muggah in deutscher Übersetzung:
„Vielen Dank für Ihre Nachricht, Christina Zech. Es ist eine große Frage – wie sehen wir voraus und halten junge Leute davon ab, sich radikalen und gewaltsamen Gruppen anzuschließen? Sie beschäftigt Politiker weltweit intensiv, nicht nur diejenigen mit großen moslemischen Bevölkerungsanteilen. Wir haben dazu mit Google Ideas gearbeitet, die an diese Probleme denken (siehe hier und hier). Einige von den Tätigkeiten meiner eigenen Organisation mit Regierungen, dem privaten Sektor und den nichtstaatlichen Organisationen befassen sich mit diesem Problem.
Meine Einschätzung ist, dass diese Tendenzen – die Beteiligung überwiegend männlicher Jugendlicher an extremistischen Gruppen – zunächst wachsen, bevor sie zurückgehen. Die Gründe dafür sind zum Teil strukturell – eine wachsende demografische Verschiebung, dramatisch sinkende wirtschaftliche Perspektiven, zunehmende digitale Vernetzung. So ist es absolut notwendig, dass wir uns damit intensiv beschäftigen.
Es entstehen derzeit mehrere Antworten, sie sind alle nicht perfekt. Einige beziehen sich auf die Schaffung von neuen großen Datensystemen, um die echten und digitalen Fußabdrücke von gefährdeten jungen Leuten zu verfolgen. Die Idee ist, soziale Medien, einschlägige Organisationen und Geldgeschäfte zu beobachten und einzuschreiten. Diese Lösung ist offensichtlich stark eingreifend und von beschränkter Wirkung, aber wird sich wahrscheinlich in den nächsten Jahren ausbreiten.
Wir sehen auch mehr lokale Anstrengungen, mit der gewaltanfälligen Jugend umzugehen. Es gibt Gruppen wie beispielsweise CureViolence, die sich bemühen, Gewalt zu diagnostizieren und zu durchbrechen, indem sie diejenigen identifiziert, von denen sie am stärksten ausgeht. Sie behandeln Gewalt wie eine Krankheit und arbeiten auf Nachbarschaftsniveau mit legitimen/glaubwürdigen Mediatoren. Ungefähr 50 Städte weltweit arbeiten bereits mit dem Modell und weitere werden folgen.
Es gibt auch große Bemühungen, die strukturellen Faktoren von Radikalisierung ins Visier zu nehmen; sie sind mit Gesundheit, Beschäftigung, familiärer Bindung, sozialem Bezug etc. verbunden. Es wurden spezialisierte Programme entworfen, um psychologische/emotionale Signale zu verfolgen, um Ent-Radikalisierung durch Ausbildung zu fördern. Aber viele von diesen basieren nicht auf belastbaren Beweisen und sind noch relativ unsystematisch.
Beste Grüsse Dr. Robert Muggah
Research Director / Diretor de Pesquisa
Rio de Janeiro, Brasil
www.igarape.org.br