Grenzen der Transkulturalität der Menschenrechte – Dr. Philippe Brunozzi
12.12.2016 - 16:54
Grenzen der Transkulturalität der Menschenrechte
Dr. Philippe Brunozzi — Universität Kassel
Mittwoch, 14.12.2016, 17:15 Uhr – 18:45 Uhr
HTWK, Karl-Liebknecht-Str. 132, 04277 Leipzig, Hörsaal G 119
sowie per Livestream zeitgleich oder später
Die Menschenrechte abstrakt verteidigen und sie als transkulturelle Ansprüche ausweisen, ist eine Sache. Darüber hinaus konkrete institutionelle Reformen zu ihrer praktischen Verwirklichung und Durchsetzung vorzuschlagen, um zur Herausbildung einer gemeinsamen menschenrechtlichen Wirklichkeit beizutragen, ist eine andere Sache.
Für eine Philosophie der Menschenrechte, die beiden Aufgaben gerecht zu werden versucht, stellt sich die Frage, wie weit Fragen der konkreten Umsetzung überhaupt in ihren Kompetenzbereich hineinreichen. Es gilt mithin zu klären, worin genau ihr spezifischer Beitrag bestehen könnte und wo die Grenzen ihrer Zuständigkeit verlaufen. In diesem Vortrag soll ein möglicher Vorschlag unterbreitet und zur Diskussion gestellt werden.
Es wird sich zeigen, dass die transkulturelle Orientierungsfähigkeit abstrakter Verteidigungen der Menschenrechte zwar ihre Grenzen hat, diese aber durch eine dezidiertere Hinwendung zu den konkreten lokalen und regionalen sozialen Zusammenhängen in sozialen Experimenten verschoben werden können. Ob wir aber global an einem Strang ziehen werden, bleibt offen.
Im Rahmen der Ringvorlesung Mit-Menschen. Auf dem Weg zur Weltgemeinschaft der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig in Kooperation mit Dr. Christina Zech, Connect Worlds Association, laden wir herzlich zum Vortrag ein.
Vorbehaltlos. Welten verbinden ist unser Anliegen. Herzlichen DANK an Herrn Dr. Martin Schubert und Frau Antje Bredemann für diese zukunftsweisende Zusammenarbeit.
Ringvorlesung Mit-Menschen. Auf dem Weg zur Weltgemeinschaft
Die Welt wächst zusammen, die Globalisierung sorgt für eine Homogenisierung der (materiellen) Bedürfnisse und der Regeln im wirtschaftlichen Warenaustausch.
Karrierewege führen immer häufiger ins Ausland, mit der englischen Sprache auf der Zunge kommen wir durch die ganze Welt.
Die gemeinsame Teilhabe am globalen Markt macht uns aber nicht automatisch zu Verbündeten im Ringen um den Erhalt unserer Lebensgrundlagen, den Übergang zu einer Nachhaltigen Entwicklung. Seit der Club of Rome 1972 die Grenzen des Wachstums postulierte (1), werden die Abstände kürzer, in denen die Weltgemeinschaft sich selbst zum Handeln aufruft. Wenn es uns nicht gelingt, wirksam die Armut einzudämmen und für Gerechtigkeit in der Welt zu sorgen, dann verspielen wir unseren eigenen Wohlstand, unser eigenes Dasein, so die Vereinten Nationen schon 1987 (2). Eindrücklich warnt auch die OECD vor den Folgen des Nicht-Handelns (3) und fordert auf zum global abgestimmten Handeln (2012).
Wir müssen alle an einem Strang ziehen, alle Menschen. Und das ist nicht einfach. Denn mit „wir“ denken wir nur selten an die Menschheit insgesamt. Unser „wir“ schließt aus statt ein, solange wir unsere Art zu leben für besser halten.
Diese Haltung gilt es zu überwinden, wollen wir eine Zukunft haben. Weltweit.
So unterschiedlich die Kulturen sind, so völlig verschieden sind die Wertvorstellungen, nach denen wir leben und handeln. Die unterschiedlichen Formulierungen der Menschenrechte aus den Traditionslinien der Aufklärung und der arabischen Welt belegen das. Eine weltweite Übereinkunft in den humanitären Grundwerten ist die große Herausforderung unserer Zeit.
Es fehlt uns die Distanz zur eigenen Weltsicht. So bemerken und benennen wir die Verfehlungen anderer gegen die universell verstandenen Menschenrechte. Innerhalb unserer eigenen Wertegemeinschaft werden Verstöße hingegen nicht mit gleicher Schärfe verurteilt. Es entsteht ein Konflikt mit der eigenen Wertvorstellung. Wie können wir dann nach außen die Einhaltung der Menschenrechte einfordern und durchsetzen?
Für eine multikulturelle Weltgemeinschaft, deren Mitglieder sich gegenseitig mit Verständnis, Respekt und Toleranz begegnen, müssen wir uns unserer eigenen Identität bewusst werden. Es geht nicht um Verwischung von Kulturen, sondern um die vorbehaltlose Akzeptanz von Heterogenität. Das macht uns zu Mit-Menschen.
Nationalistisches Denken bietet keine befriedigenden Antworten auf die Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft. Die zentrale Frage ist daher: Wie kann eine Welt gelingen, die auf ein einschließendes wir baut?
1) Meadows, D. L.: Die Grenzen des Wachstums: Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Dt. Verl.-Anst. Stuttgart:, 1972.
2) Brundtland, G. H., & Hauff, V.: Unsere gemeinsame Zukunft: [der Brundtland-Bericht]. Eggenkamp. Greven, 1987.
3) OECD-Umweltausblick bis 2050: Die Konsequenzen des Nichthandelns. OECD Publishing, Paris, 2012. Grenzen der Transkulturalität der Menschenrechte – Dr. Philippe Brunozzi